Niemand wollte das Schulhaus bezahlen
Oehler Alois in: Der Rheintaler. 16. Januar 1981
Bis 1776 Schulunterricht in der Stube des Lehrers
Johann Ammann, 1754 – 1791 kath. Pfarrer in Balgach, setzte sich persönlich und von Amtes wegen (der damalige freiwillige Schulbesuch war Aufgabe der Kirchgemeinde) mit allen Kräften für den Bau eines Schulhauses ein. Er schrieb in dieser Sache im Jahre 1776 an die zuständige Obrigkeit, an den Fürstabt in St. Gallen: „Weilen die kleine Wohnstube unseres Schulmeisters die Menge der Schulkinder unmöglich mehr fassen kann, so wollen die Herren Beamten und Vorgesetzten der kath. Gemeinde Balgach diesen Mangel beheben uns sind in Ermangelung einer anderen bequemen Stube gesinnt und entschlossen, mit Bewilligung und Gutheissung der dessetwegen zusammen gerufenen kath. Gemeindsmännern auf einem gar anständigen, der Kirche und Pfarrhaus ziemlich nahe gelegenen hiezu erkauften Platze ein neues Schulhaus oder Stuben zu erbauen“.
Bau des Schulhauses war ein abenteuerliches Unterfangen
Da im 18. Jahrhundert noch längst nicht alle Eltern überzeugt waren, dass der Besuch einer Schule für ihre Kinder förderlich sei, fehlte vielfach die Bereitschaft, für schulische Anliegen das nötige Geld auszugeben. Auch war es selbstverständlich, dass die Kinder bei den anfallenden Feld- und Rebarbeiten tüchtig mitzuhelfen hatten; auf diese Arbeitshilfe zu verzichten, setzte grosses Verständnis der Eltern voraus. Das Bekenntnis zur Schule setzte sich dennoch in einem langwierigen Prozess durch. Vorerst gab es aber nur die Halbtags- und Sonntagschulen mit wenigen Unterrichtsstunden.
Dass unter diesen undenkbaren Voraussetzungen der Bau eines Schulhauses recht abenteuerliche und für die Beteiligten bedenkliche Züge annehmen konnte, entnehmen wir an den Fürstabt adressierten Schilderung. Pfarrer Ammann schreibt: „Dem Mehrheitsbeschluss der Gemeinde folgend , haben zu diesem Zwecke vier von der kath. Kirchhöry verordnete Männer die Bauarbeiten angefangen und dergestalt betrieben, dass würklich schon der Mauerstock aufgeführt und das benötigte Holz darzue auf den Platz geführt worden ist. Da haben sich einige Männer aus der kath. Kirchhöry , wie ich höre, diesen angefangenen notwendigen Bau zu widersetzen und zu verhindern angefangen, und ohngeachtet, dass sie sowohl in der versammelten Kirchhöry, wie ich vernommen, ihren Willen dazu gegeben und gutgeheissen, verlangen sie dennoch wiederum, dass man die Kirchhöry noch einmal zusammen beruf und ein neuwes Mehr aufnehme.
Wann nun diese neuwe Versammlung und zu machendes Mehr vielleicht für diese vier verordneten Herren gefährlich ausfallen könnte, haben Euwer Hochwürden und Gnaden untertänigst und gehorsamst zu bitten wollen, Hochselbige möchten die Gnade für die vier erwähnten Herren walten lassen und selbige bei dem angefangenen Baue mit dero Autorität schützen und schirmen, damit dieses notwendige Werk nicht gehindert und mehrgedachte vier Verordnete die schon aufgelaufenen und noch zu machenden Unkosten nicht allein tragen müssen.“ (Urkunde im Stiftsarchiv)
Schulpfleger Zurburg bangte um seine Existenz
In einer weiteren Urkunde aus dem Stiftsarchiv vom Jahre 1776 lesen wir: „Johann Georg Zurburg, Schulvogt in Balgach, beschwert sich bei der geistlichen Obrigkeit und begehrt Schutz für sich und seine lieben Kinder und ganzen liebwerten Nachkommenschaft, derweil anno 1776 am Pfingstmontag der Hofammann Johannes Zurburg eine Kirchhöry abgehalten und in Vorschein gebracht habe, dass man für gut befinden, der Jugend eine Gelegenheit zu geben, wo man die Schuol haben könne. Es seinen vier Männer ernannt worden, sich um eine anständige Gelegenheit zu bewerben. da aber solches Major nicht einhellig gewesen, habe ein Mann gerufen, wann sie etwas gefund, werden sie solches der Kirchhöry wiederum vorlegen. Ongeachtet dessen haben die vier Verordneten das Haus gebaut und habe 700 Gulden gekostet. Niemand wolle nun das Haus bezahlen und koste jährlich bei 40 Gulden Zins und Unterhalt. Und nun sollte er noch als gewählter Schulvogt für Holz und Turben sorgen. Er verwahre sich für sich und seine Nachkommen für allen Schaden und Nachteil und berufe sich darauf. dass ihm seiner Zeit von Pater Offizial gesagt worden sei, für ein geistliches Werk könne niemand gezwungen werden.“
Kronenwirt Zünd machte seinem Unmut Luft
Der Bau des nach der Meinung vieler nicht unbedingt nötigen Schulhauses warf in Balgach hohe Wellen; es wurde darüber in den Wirtschaften eifrig diskutiert und auch lamentiert. Bartolomäus Zünd, anno 1788 wohlbestellter Kronenwirt in Balgach, platzte eines Abend schliesslich der Kragen. Er erlaubte sich „in der Hitze des Gefechtes“ kritisierende und beleidigende Äusserungen gegen die Obrigkeit, für die er vom Landvogt prompt zur Verantwortung gezogen wurde. Das Gericht erkannte: „Zünd Bartomoläus hat ihre fürstlichen Gnaden und hochw. Offizial kniefällig um Verzeihung zu bitten. Eine Gefängnisstrafe sei ihm in Anbetracht des unbescholtenen bisherigen Lebenswandels erlassen. Hat an Busse 25 Gulden zu bezahlen, an die Gerichtskosten 18 Gulden und 47 Kreuzer.“
Quelle: Stiftsarchiv